Erfahrungsbericht Brustkrebs
Monika Klöver-Trompetter hatte zwei Mal Brustkrebs und steht nun wieder mitten im Leben. ©privat.

In Deutschland erkranken jährlich fast 70.000 Frauen an Brustkrebs. Monika Klöver-Trompetter traf es sogar zweimal. Wie sie mit der Diagnose umging, während sie ihren Ehemann im Endstadium Krebs pflegte, erfahren Sie hier.

Ein Bericht von Monika Klöver-Trompetter, dokumentiert von Enfal-Nur Celik

Im Dezember 2015 habe ich im Alter von 50 Jahren an einer Vorsorgeuntersuchung von Brustkrebs teilgenommen. Ich wollte den Termin fast absagen. Denn zu dem Zeitpunkt war ich berufstätig und habe außerdem meinen Mann gepflegt, der selbst im Endstadium einer Krebserkrankung war. Ich bin dann doch gegangen und erhielt so meine erste Krebsdiagnose. Als sich aus der Mammographie der Krebsverdacht erhärtete, wurde in derselben Sitzung noch die Biopsie durchgeführt. Für die Ärztin war die Diagnose schon vor den Biopsieergebnissen eindeutig. Ein klassischer Befund, wie sie sagte. Ich ging also aus der Praxis hinaus, mit der Gewissheit, Brustkrebs zu haben. Der Befund musste nur noch offiziell bestätigt werden.

Bei meiner ersten Krebsdiagnose ging es kaum um mich

Für meine ganze Familie war es sehr dramatisch, dass nun auch ich an Krebs erkrankt war. Mit meiner erwachsenen Tochter haben wir zunächst überlegt, ob wir es meinem Ehemann überhaupt sagen wollten. Denn wir konnten gar nicht abschätzen, wie sich diese Nachricht auf ihn auswirken würde. Aber da jetzt auch bei mir OP-Termine anstanden, ließ sich das gar nicht vermeiden.

In dieser Zeit haben mich die guten Heilungschancen bei Brustkrebs besonders gestärkt. Ich wollte diese Operation schnell hinter mich bringen und neu starten. Im Dezember wurde dann eine sogenannte brusterhaltende Operation durchgeführt. Das bedeutet, dass die Ärzte versuchen den Krebs herauszuoperieren bis sie den krebsfreien Rand erreichen, ohne dass das ganze Brustgewebe entnommen wird. Das herausgeschnittene Gewebe wird dann in die Pathologie geschickt, um zu bestätigen, dass die Schnitte an krebsfreies Gewebe grenzen. Das war bei mir nicht der Fall. So erhielt ich nach zehn Tagen die Nachricht, dass eine zweite Operation notwendig war.


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Da habe ich mich für die Mastektomie entschieden, also für die totale Entnahme des Brustgewebes. Die Operation war für den Februar geplant. Allerdings verstarb mein Mann in dieser Woche, sodass ich den Termin verschob. Nach seiner Beerdigung vereinbarte ich einen neuen Termin. Ich wollte einfach, dass das ganze Thema Krankheit sein Ende fand.

In der ersten Märzwoche wurde die Mastektomie durchgeführt. Die Operation lief gut, bis auf den allergischen Schock, den ich erlitt. Es gab dafür keine organischen Erklärungen, weshalb er auf die schweren psychischen Belastungen zurückgeführt wurde.

Danach ging es zügig weiter für mich: Ich genas schnell und auch der Heilungsprozess mit dem Brustimplantat war klasse. Ich verzichtete zunächst auf die Reha und nahm meine berufliche Arbeit wieder auf. Für die nächsten fünf Jahre musste ich antihormonelle Medikamente einnehmen, da es sich bei mir um einen hormonellen Brustkrebs handelte.

Der HR-positive Brustkrebs

Bei meinem Brustkrebs spricht man auch vom hormonellen oder HR-positivem Brustkrebs. Das bedeutet, dass sich die Krebszellen insbesondere von den weiblichen Hormonen ernähren. Zur Spezifizierung dieser Krebsart wurde ein Stück des Tumors in den USA untersucht. Die Kosten hat damals eine Stiftung übernommen, mittlerweile ist er ein Bestandteil der Diagnoseuntersuchungen.

Die Experten dort konnten die Aggressivität des Krebses bestimmen. Wenn der Wert über 72 Prozent lag, litt man an dem besonders aggressiven Angelina-Jolie-Krebs. Alles, was unter 35 Prozent lag, benötigte keine Chemotherapie. Mein Wert lag bei 15 Prozent, weshalb eine antihormonelle medikamentöse Therapie ausreichen sollte.

Diese Medikamente reduzieren die Produktion der weiblichen Hormone, die dann den Krebszellen zum Wachstum fehlen. Gleichzeitig bedeutet es, dass ich ad hoc in die Wechseljahre versetzt wurde. Die Hitzewallungen, die Trockenheit der Schleimhäute und das nicht vorhandene Lustgefühl empfand ich als verstörend. Ich steuerte nicht, wie biologisch geplant, stufenweise in die Wechseljahre, sondern durch Medikamente mit 180 Kilometern pro Stunde.

Dass ich keine Chemotherapie benötigte, war eine immense Erleichterung. Vor allem, weil ich bei meinem Mann gesehen hatte, wie groß die Belastung einer Chemotherapie auf den Körper ist.

Das Leben sollte einfach weitergehen

Nach der Operation Anfang März ging ich im April wieder arbeiten. Die Menschen um mich herum haben mich dafür bewundert. Ich wollte nur, dass nach jahrelangem Verzicht das Leben endlich weitergeht. Es war vieles noch zu verarbeiten, aber ich habe es anfangs gar nicht zugelassen. Irgendwo muss man auch wieder funktionieren und für die Kinder in ihrer Trauerphase da sein.

Ich arbeite in leitender Funktion in einer großen Kindertagesstätte in Köln. Ich hatte noch viele Urlaubstage und die nahm ich mir jetzt. Durch die Witwenrente konnte ich mein Arbeitspensum auf vier Tage die Woche reduzieren. Ich zog aus der ländlichen Umgebung in die Stadt Köln. Ich baute mir wieder ein tolles Leben auf, lernte einen neuen Partner kennen. Es war auch eine schöne Zeit.

Zweite Krebsdiagnose bei der Tumornachsorge

Im Januar 2019 nahm ich meinen Termin zu Tumornachsorge wahr. Die Radiologin und meine behandelnde Ärztin waren sich uneinig darüber, ob das nun Krebs war oder nicht. Während meiner Anwesenheit im Behandlungszimmer stritten sich die beiden am Telefon. Da stockte mir der Atem. Meine Ärztin teilte mir mit, dass sie sich mit der Radiologin noch beraten und mir das Ergebnis am nächsten Tag telefonisch mitteilen würde.

Im Büro, auf der Arbeit, erhielt ich dann einfach einen Anruf von einer anderen Ärztin für einen Termin zur Brustkrebs-OP, von der ich aber noch gar nichts wusste. Danach erst hat mich meine behandelnde Ärztin angerufen und mich informiert, dass ich wieder Brustkrebs habe. Dieser Umgang gefiel mir überhaupt nicht.

Bei der ersten Diagnose fiel mir auch schon auf, dass alles schnell operiert werden musste. Dabei ist Brustkrebs oftmals kein aggressiver Krebs. Er wächst langsam, man kann sich Zeit nehmen, die man vor der Operation braucht. Nach meiner ersten Diagnose ärgerte ich mich, dass ich mich so bedrängen ließ. Beim zweiten Mal reagierte ich nun viel besonnener. Ich sagte den OP-Termin ab und wollte mir eine Zweitmeinung einholen.

Der behandelnde Arzt im dritten Krankenhaus überzeugte mich, ich fühlte mich bei ihm sicher. Dort stellte sich heraus, dass das Implantat, dass ich noch trug, bereits im Dezember 2018 zurückgerufen worden ist. Ich war nicht informiert worden. Außerdem stellte sich die Frage: Wie konnte sich überhaupt noch einmal der selbe hormonelle Brustkrebs bilden, obwohl ich eine Mastektomie hatte? Mein neuer Arzt stellte fest, dass trotz der OP noch viel zu viel Brustgewebe zurückgeblieben ist.

Zusammen mit einer postoperativen Komplikation, bei der der sich ein Blutstau in meiner Brust entwickelte, sind wohl vereinzelte Krebszellen in das noch übrige Brustgewebe eingewandert. Dort konnte sich dann der Tumor erneut bilden. Auf die zweite Brustkrebsoperation folgte die Bestrahlung und dann das neue Implantat. Die zusätzlichen Behandlungen und Medikamente lösten große Knochenschmerzen bei mir aus und einen stark erhöhten Blutdruck.

Ich hielt die Zeit nur mit Schmerzmedikamenten aus und kam kaum aus dem Bett. Daher entschied ich mich für unterstützende Behandlungen aus der Komplementärmedizin und Akupunktur, die mir bei der Entspannung und Balancefindung geholfen haben. Auch die frühzeitige Reha und den stufenweisen Einstieg ins Berufsleben nach dem Hamburger Modell würde ich anderen Betroffenen weiterempfehlen. Nehmt euch Zeit, um euch zu erholen! Man braucht einfach die Ruhe zum Heilen und Nachdenken.

Wiedereröffnung der Selbsthilfegruppe in Köln

Erst wenn man fünf Jahre lang krebsfrei ist, gilt man nicht mehr als Krebspatientin. Das bedeutet, dass man in dieser Zeit noch einen gültigen Schwerbehindertenausweis hat, keine bessere Krankenversicherung bekommt, keine Lebensversicherung abschließen darf, kein Kredit für ein Hauskauf genehmigt wird.

Auch während meiner zweiten Krebserkrankung lief nicht alles glatt und vor allem nach der OP fühlte ich mich wieder alleine gelassen. Ich beschloss, eine Selbtshilfegruppe zu gründen. Eine ehemalige Kollegin, die mit ihrem Renteneintritt an Burstkrebs erkrankte, erzählte mir von einer Frauenselbsthilfegruppe in Köln. Da es in der Gruppe keine Leitung gab, wurde sie von der Kerpener Gruppe und dem Vorstand des Landesverbandes geleitet. Nach sechs Monaten Teilnahme und Schulung durch den Landesverband wurde ich im Dezember 2019 zur Gruppenleitung gewählt. Auch eine Stellvertreterin und eine Kassiererin wurde bestimmt.

Bei meiner Tätigkeit als Gruppenleiterin gibt es Höhen und Tiefen. Wir haben schon zwei Gruppenteilnehmerinnen verloren. Das sind Momente, die uns zurückwerfen. Auf der anderen Seite ist es toll zu sehen, welche schwere Krebsverläufe einige Frauen überstehen und trotzdem engagiert im Leben sind. Was mir besonders Mut macht, sind beispielsweise einige Gruppenleiterinnen in Nordrhein-Westfalen, die seit dreißig Jahren dabei sind. Die Langzeitüberlebenschancen zu sehen, Gleichgesinnten Fragen stellen zu können, gesundheitliche Informationen auszutauschen ist sehr bereichernd.

Derzeit bin ich im dritten Jahr nach der Erkrankung. Ich habe weder Schmerzen noch Einschränkungen im Leben. Ich bin sportlich unterwegs und auch die Brust sieht total schön aus. Die Implantate sieht man mir auch nicht in der Sauna an! Nach solchen Diagnosen genießt man das Leben viel bewusster, man versteht, dass das Leben endlich ist. Meditation, Akupunktur, Wellness, meine kleine Heimsauna oder die Arbeit als Künstlerin in meinem eigenen Atelier – für all die schönen Dinge nehme ich mir nun viel mehr Zeit. Arbeit ist wichtig, aber nicht alles. Man sollte einfach rausgehen ins Leben und Spaß haben!


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