Wer zu Hause nicht hungern muss und ein liebevolles Umfeld hat, kann auf die stationäre Reha verzichten, findet Dr. Stephanie Kirschbaum, Fachärztin an der Charité Universitätsmedizin Berlin und Spezialistin für Knieendoprothetik. Sehen das ihre Kollegen auf dem Deutschen Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie in Berlin (2024) genauso?
Deutschland sei Weltmeister, wenn es um die Rehabilitation nach einer Operation gehe, sagt Kirschbaum. „Es ist tatsächlich so, dass wir die einzigen weltweit sind, die eine stationäre Reha anbieten.“ Studien würden aber zeigen, dass die Rehabilitation nach einer Operation in Deutschland nicht erfolgreicher wäre als in skandinavischen Ländern oder dem angloamerikanischen Raum. „Das heißt für den Patienten, wenn er zu Hause keinen Hunger und keinen Durst leiden muss, ein liebevolles Umfeld hat, in dem er sich wohlfühlt, dann kann er auch eine ambulante Reha machen oder gar einfach nur zur Physiotherapie gehen“, betont sie.
Prof. Dr. Robert Hube, Leitender Arzt der Privatklinik Orthopädische Chirurgie München, sieht das ähnlich. „Wenn Sie im vierten Stock ohne Fahrstuhl wohnen, dann würde ich auch eher Reha empfehlen“, sagt er. Ob das Knie bei sozial gut eingebundenen Patienten die stationäre Reha brauche, sei aber fraglich. Eine individuelle Physiotherapie dreimal pro Woche mit zusätzlicher Lymphdrainage hält er bei solchen Patienten für sinnvoller, denn zu viel Training in der stationären Reha könne auch zu einer Überlastung des Knies führen.
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„ich selber würde immer gerne eine Reha haben, weil wenn ich da vernünftig kompetent angeleitet werde, bringt mir das mehr, als wenn ich zu Hause mit einem Video sitze“, sagt Prof. Dr. Karsten Dreinhöfer, Professor an der Charité Universitätsmedizin Berlin und Chefarzt im Medical Park Berlin Humboldtmühle. Dabei sei zu beachten, dass die Operation selbst nur etwa 30 Prozent des Operationserfolges ausmache. Das körperliche Training danach sei zu 50 bis 70 Prozent relevant. „Wie weit man das selbstständig hinkriegen kann, wage ich zu bezweifeln“, sagt er.
Prof. Dr. Andreas Seekamp, Direktor der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein am Campus Kiel, hält wiederum beide Formen der Reha – also stationär oder ambulant – für geeignet. „Wenn man das ambulant machen möchte, dann muss man auch in der Lage sein, zu Hause zurechtzukommen“, sagt er. Deshalb komme eine solche Reha eher für jüngere Patienten in Frage. Älteren Patienten empfiehlt er eine stationäre Reha.
Die 78-jährige Hannelore Weißgerber hat vor drei Jahren ein künstliches Kniegelenk bekommen und war nach der Operation drei Wochen in stationärer Rehabilitation. Von morgens bis abends habe sie trainiert, sagt sie. „Und das war gut so!“