Prof. Herth leitet als Medizinischer Geschäftsführer die Thoraxklinik Heidelberg. Deutschlandweit werden hier die meisten Patienten mit Lungenkrebs behandelt. ©Thoraxklinik Heidelberg

Lungenkrebs gilt häufig als nicht heilbar, weil der Tumor oft zu spät erkannt wird. Warum besonders Frauen häufig von dieser oft tödlichen Krebserkrankung betroffen sind und wieso viele Patienten aus dem Ausland in die Thoraxklinik Heidelberg kommen, sagt Prof. Dr. Felix Herth im Interview.

Die Thoraxklinik Heidelberg ist eine der ältesten und größten Lungenfachkliniken Europas, deutschlandweit werden hier die meisten Patienten mit Lungenkrebs behandelt. Auch Menschen, die an einer seltenen Erkrankung des Atmungstraktes leiden, sind hier richtig, denn die Thoraxklinik ist zertifiziertes Zentrum für seltene Erkrankungen.

An diesen fünf Kliniken wird Lungenkrebs/Bronchialkrebs in Deutschland am häufigsten behandelt:

Klinik Kompass: Herr Prof. Dr. med. Herth, wir sprechen heute über Lungenkrebs. Die meisten Krebsneuerkrankungen gehen zurück, bei Lungenkrebs ist dies leider nicht so. Insbesondere bei Frauen wird diese Krebserkrankung immer häufiger diagnostiziert. Wie kommt es dazu?

Prof. Herth: Mitte der 60er Jahre des vergangenen Jahrtausends haben die Frauen beschlossen, sich zu emanzipieren und haben begonnen zu rauchen. Jetzt ist bei manchen die Rauchdosis erreicht, die Krebs auslöst. Denn es dauert Jahrzehnte bis das Risiko zu erkranken, ansteigt. Was ebenso eine Rolle spielt, ist der passive Konsum von Zigarettenrauch, weil Frauen im Zuge der Emanzipationen arbeiten gingen und auf ihren Arbeitsstädten geraucht wurde.

Klinik Kompass: Wie sehr befördert das Einatmen von Autoabgasen das Risiko an Lungenkrebs zu erkranken?
 
Prof. Herth: Das ist ein schwieriges Thema. Der Feinstaub an sich ist sicherlich ein Problem, vor allem, wenn Sie ihm regelmäßig ausgesetzt sind. In der Nähe der Hauptstraßen ist die Belastung besonders hoch. Da hier oft sozial schwache Menschen wohnen, bei denen eine höhere Wahrscheinlichkeit besteht, dass auch noch geraucht wird, ist es aber schwierig eine passende Kontrollgruppe zu finden und wissenschaftliche Evidenz zu schaffen. Deshalb weiß man nicht, wie schädlich Feinstaub im Vergleich zur Inhalation von Zigarettenrauch ist. Der Rauch einer Zigarette ist hier aber sicherlich der potentere Faktor.

Klinik Kompass: Die Überlebensrate bei Lungenkrebs ist vergleichsweise gering, weil der Tumor oft erst spät erkannt wird. Welche neuartigen Behandlungsansätze geben Ihnen Hoffnung, dass in Zukunft weniger Patienten sterben. 

Prof. Herth: Es gibt heute mehr Behandlungsansätze als früher und wir haben, zum Beispiel mit der Immuntherapie, eine viel personalisiertere Medizin. Durch ein bestimmtes molekulares Verständnis, wo das Problem liegt, können wir heute individuelle Therapien ansetzen, die noch vor Jahrzehnten undenkbar gewesen wären. Dennoch findet die Entwicklung immer nur im Bereich des metastasierten Stadiums statt, weil es nach wie vor ein spätes Erkennen gibt. Wenn der Tumor schon gestreut hat, kann durch eine individuelle Therapie die Überlebenszeit zwar verlängert werden, aber heilen lässt sich die Erkrankung nicht mehr. Das Problem Lungenkrebs löse ich nur, wenn ich den Zigarettenkonsum komplett verbiete oder indem ich sage, ich mache Früherkennung. Nur wenn das Karzinom früh erkannt wird, können Therapien angeboten werden, die den Patienten heilen.

Klinik Kompass: In der Thoraxklinik Heidelberg werden deutschlandweit die meisten Patienten mit der Diagnose Lungen- bzw. Bronchialkrebs behandelt (ICD-10-C34). Auch weltweit genießt die Klinik einen ausgezeichneten Ruf. Haben Sie viele Patienten aus dem Ausland?

Prof. Herth: Lungenerkrankungen nehmen zu, sei es jetzt COPD, Asthma oder andere. Dadurch, dass wir eine Universitätsklinik sind und sehr viele Patienten betreuen, entwickeln wir stetig neue Methoden der Diagnostik und alternative Behandlungsverfahren. Wir bieten praktisch für jede Erkrankung auch Studien an, so dass Patienten, denen zuhause keine Hoffnung mehr gemacht werden kann, zu uns kommen. Das spricht sich herum, deshalb sind wir international eine gefragte Adresse.

Herr Prof. Herth, vielen Dank für das Interview.

Prof. Dr. med. Felix Herth ist Medizinischer Geschäftsführer und Chefarzt der Abteilung Innere Medizin – Pneumologie der Thoraxklinik Heidelberg, die zum dortigen Universitätsklinikum gehört. Seine Forschungsinteresse gilt insbesondere der Interventionellen Pneumologie und der Behandlung von COPD.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein