Welche Operationsmethoden gibt es für eine Knieprothese? Welche Prothesentypen sind zu empfehlen und wie groß sind die Heilungschancen? Hier erhalten Sie Informationen rund um die Implantation einer Knieprothese.
Ein Beitrag von Prof. Dr. Thorsten Gehrke und Lukas Hoffmann
Ein Kniegelenk begleitet den Menschen ein ganzes Leben lang. Es verbindet den Oberschenkel mit dem Unterschenkel über eine kleine rundliche Knochenplatte, der Kniescheibe. Dabei verringert eine Knorpelschicht die Reibungen zwischen den Knochen wie ein Puffer.
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Wenn die Knorpelmasse im Laufe der Jahre abgenutzt wird, kommt es zum Gelenkverschleiß, der Gonarthrose. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) tritt sie bei 3,6% der Bevölkerung auf und gehört somit zu den häufigsten Abnutzungserscheinungen am Bewegungsapparat. Dabei leiden Frauen beinahe zweimal so häufig an Gonarthrose wie Männer. Durch die Knorpelschäden ist eine schmerzfreie Bewegung nicht mehr möglich. Dann kann eine Knieprothese sinnvoll sein.
Wann ist eine Knieprothese notwendig?
Bei anhaltenden Schmerzen werden zunächst konservative Therapieansätze verfolgt. Dazu zählen Physiotherapie, Medikamente gegen Schmerzen, Einspritzen von einer Schmiersubstanz in das Gelenk und die Gewichtsreduktion.
Allerdings wird bei fortschreitender Arthrose der Belastungsdruck auf die Knochen größer. Sie bilden Verdichtungen und Verhärtungen aus – auf Kosten der Beweglichkeit des Kniegelenks. Wenn diese Veränderungen auch in den Röntgenbildern erkennbar sind, kommt ein künstlichen Kniegelenk als Ersatz für die abgenutzten Gelenkflächen in Frage.
Welche Knieprothesen sind die besten?
In Deutschland werden jährlich über 160.000 künstliche Kniegelenke implantiert. Hierfür werden am häufigsten Prothesen aus der Metalllegierung Chrom-Cobalt-Molybdän und einer Gleitfläche aus dem Kunststoff Polyethylen verwendet. Bei den operativen Möglichkeiten unterscheidet man die gelenkerhaltenden und gelenkersetzende Operationen:
Bei der gelenkerhaltende Teil-Endoprothese werden nur die gegenüberliegenden beschädigten Gelenkflächen des Oberschenkelknochens und des Schienbeins ersetzt. Diese Prothesen heißen auch Hemischlitten oder unikondyläre Prothese.
Die gelenkersetzende Total-Endoprothese (auch Knie-TEP oder Vollprothese) ist ein Ersatz für die gesamte Gelenkfläche des Oberschenkelknochens und des Schienbeinkopfes.
Abhängig von den intakten Teilen des Kniegelenks kann eine ungekoppelte, teilgekoppelte oder gekoppelte Prothese eingesetzt werden. Der Eingriff kann also individuell auf Sie abgestimmt werden. Das ist wichtig, weil das Ausmaß der arthrotischen Erkrankung von Patient zu Patient unterschiedlich ist.
Vorbereitung auf die Operation
Wenn Ihnen zu einer Knieprothese geraten wird, stehen zunächst Aufklärungsgespräche und Voruntersuchungen an. Dabei werden Fragen zu Ihrem Allgemeinzustand, der Narkoseverträglichkeit, Allergien gegen Metallverbindungen oder Arzneimittel und anderen Medikamenten abgeklärt. Zudem wird die Durchführung einiger bildgebender Verfahren angeordnet (Röntgenbild oder MRT). Anhand der aktuellen Bilder Ihres Kniegelenks wird die Wahl des Implantates getroffen.
Die Ärzte raten auch dazu, Wochen im Voraus mit dem Rauchen aufzuhören. Denn durch einen Rauchstopp wird eine verbesserte Wundheilung erreicht. Auch eine gelenkschonende körperliche Aktivität kann Ihren Kreislauf und damit die Durchblutung Ihres Gewebes stärken.
Für Ihren Krankenhausaufenthalt sollten Sie entsprechend einpacken: Eine gemütliche Trainingshose, flache Schuhe (ohne Schnürsenkel) sowie einen Rucksack, da Sie nach der Operation zunächst Unterarmgehstützen oder einen Rollstuhl des Krankenhauses benötigen werden.
Versuchen Sie auch Ihr Wohnumfeld anzupassen: Ein kleiner Vorrat an Lebensmitteln, eine Toilettensitzerhöhung und die Beseitigung von potenziellen Rutsch- und Stolpergefahren können Ihnen die Eingewöhnung in den Alltag nach der Operation erleichtern.
Konventionelle vs. minimal-invasive Operationsmethode
Ein künstliches Kniegelenk kann über zwei verschiedene Operationsmethoden eingesetzt werden.
Die konventionelle oder klassische Operationsmethode sieht die vollständige Öffnung des Kniegelenks durch einen Hautschnitt an der Knievorderseite vor. Danach trennen die Chirurgen die Muskulatur, die über das Knie verläuft, damit sie Zugang zur Kniescheibe erhalten. Die Kniescheibe kann dann einfach weggeklappt werden. Die beschädigten Weichteile wie Menisken und Knochen- oder Knorpeloberflächen werden entfernt. Die verbleibenden Knochen werden durch chirurgische Fräsgeräte geglättet und für die Implantation des künstlichen Kniegelenks vorbereitet. Durch eine Probeprothese ermitteln die Ärzte die individuelle Größe und Form der endgültigen Knieprothese. Abhängig von der Art des Implantats verankern sie dieses mit oder ohne Zement.Nach einer Funktions- und Stabilitätsprüfung wird das eröffnete Gewebe mit einer chirurgischen Naht geschlossen.
Die minimal-invasive Operationsmethode ist gewebeschonender, da sie die Kniescheibe und die umliegende Muskulatur unberührt lässt. Ärzte setzen die Prothese über eine bereits bestehende Lücke innerhalb der Muskelschichten ein. So treten im Vergleich zur klassischen Operationsmethode postoperativ weniger Muskelschwächen auf und die Beweglichkeit bleibt nach dem Eingriff ebenfalls erhalten. Außerdem verheilen die kleinen Einschnitte in der Haut rasch und hinterlassen wesentlich kleinere Narben.
Diese Operationsmethode lässt sich aber nicht bei jedem Patienten durchführen. Beispielsweise besitzen adipöse Patienten eine dickere Fettschicht unter der Haut. So ist es für die Chirurgen schwierig, das Implantat genau zu platzieren. Außerdem kann nicht jede Knieprothese über die minimal-invasive Methode implantiert werden. Wichtig ist, dass Sie eine Klinik wählen, in der Ärzte erfahren sind und bereits viele Knieprothesen implantiert haben.
Risiken der Operation
Bei der Implantation eines Kniegelenks handelt es sich mittlerweile um einen Routineeingriff, bei der die gleichen Komplikationen wie bei jedem anderen operativen Eingriff auftreten können. Dazu gehören:
- bakterielle Infektion der Operationswunde
- verletzte Nerven und Blutgefäße (die zu einem stärkeren Blutverlust führen können)
- Schmerzen, Schwellungen oder Rötungen
- Kreislaufprobleme, Herzrhythmusstörungen, Übelkeit, Erbrechen nach der Vollnarkose
Zu den spezifischen Komplikationen einer Knieprothesen-OP zählen:
- bakterielle Infektion durch das Implantat, das im schweren Fall zu einer Blutvergiftung führen kann. Zur Prävention erhalten Sie Antibiotika vor und nach dem Eingriff.
- bei mangelnder Bewegung nach der OP kann es zu Verwachsungen des Implantats kommen
- Tiefe Beinenvenenthrombose oder Lungenembolie, zu deren Vorbeugung Sie zwei Wochen lang gerinnungshemmende Medikamente (Tabletten oder Spritzen bekommen)
- Schmerzen in der umgebenden Muskulatur mit Bewegungseinschränkungen
- Instabiles Gefühl im Gelenk durch Lockerung der Prothese
Wie geht es nach der Operation weiter?
Noch am Operationstag wird mit der Frühmobilisation begonnen, um Sie schnellstmöglich in Ihren gewohnten Alltag zu entlassen.
Der physiotherapeutische Behandlungsplan wird Ihnen von Woche zu Woche mehr Bewegungsfreiheit verschaffen. Zunächst werden Sie geringgradige Beuge- und Streckbewegungen vornehmen. Um eine Überbelastung zu verhindern, wird Ihnen zusätzlich gezeigt, wie Sie sich mit knieschonenden Bewegungen aus der Liegeposition aufrichten oder sich mithilfe von Unterarmgehstützen ankleiden können.
Patienten mit einer Teil-Endoprothese können bereits durch eine ambulante Physiotherapie weitgehend für den Alltag mobilisiert werden. Bei der Implantation einer Total-Endoprothese ist mit einem anschließenden Aufenthalt in einer orthopädischen Rehabilitationsklinik von bis zu drei Wochen zu rechnen. In beiden Fällen gilt: Geben Sie sich Zeit, um sich an das Implantat zu gewöhnen.
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Die Operationsfäden werden in der Regel 10 – 15 Tage nach der OP entfernt. Durch eine motivierte Teilnahme an der Physiotherapie können sie Ihre Muskulatur bereits nach sechs Wochen belasten.
Leben mit einer Knieprothese
Die Beweglichkeit des Kniegelenks nach dem Implantat ist von unterschiedlichen Faktoren abhängig. Der anatomische Bewegungsumfang beginnt von 0 Grad bei durchgestrecktem Knie bis maximal 130 Grad in Beugeposition. Nach der Implantation einer Totalendoprothese liegt der durchschnittliche Bewegungsumfang zwischen 0 und 100 oder 110 Grad. Dabei sind 100 Grad für die meisten Aktivitäten vollkommen ausreichend.
Die Termine für die Nachsorgeuntersuchungen sollten Sie unbedingt einhalten. Denn postoperative Komplikationen wie ein Funktionsverlust oder spezifische Schmerzen sollten von Ärzten dokumentiert werden. Im Falle einer frühzeitigen Lockerung des Implantats muss ein Prothesenwechsel (Knierevision) vorgenommen werden.
Allerdings zeigen klinische Untersuchungen, dass die Revisionsrate der Knie-Totalendoprothesen bei unter 5 % innerhalb von 10 Jahren liegt und eine Funktionsverbesserung von 30–51 % erreicht wird. Das bedeutet, dass 95% der Patienten, die eine Knieprothese erhalten haben, diese auch bis zu zehn Jahren benutzen. Etwa 80 % der Menschen sind längerfristig mit ihrer Knieprothese zufrieden.
Quellen:
Aldinger P., Clarius M., Herre J., Martin J. (2015) Welche Knieprothese ist für mich die richtige?. In: Künstliches Kniegelenk. Urban und Vogel, Munich. https://doi.org/10.1007/978-3-89935-284-9_5 . Zuletzt abgerufen am 29.04.2021.
Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Kniearthrose (Gonarthrose). Gelenkersatz bei Kniearthrose. https://www.gesundheitsinformation.de/gelenkersatz-bei-kniearthrose.html#Wie-gut-hilft-ein-künstliches-Kniegelenk? . Zuletzt abgerufen am 29.04.2021.
Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Kniearthrose (Gonarthrose). Was erwartet mich vor und nach der Operation?. https://www.gesundheitsinformation.de/was-erwartet-mich-vor-und-nach-der-operation.html . Zuletzt abgerufen am 29.04.2021.
Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Kniearthrose (Gonarthrose). Worin unterscheiden sich Knieprothesen?. https://www.gesundheitsinformation.de/worin-unterscheiden-sich-knieprothesen.html . Zuletzt abgerufen am 29.04.2021.
Jansen, K.; Jensen, J. Steen. Operative technique in knee disarticulation, Prosthetics and Orthotics International: August 1983 – Volume 7 – Issue 2 – p 72-74. https://www.researchgate.net/publication/305367262_Operative_technique_in_knee_disarticulation . Zuletzt abgerufen am 29.04.2021
Lüring, C. Welche Aspekte sprechen für die Knieprothese bei der Gonarthrose?. Trauma Berufskrankh 18, 226–230 (2016). https://doi.org/10.1007/s10039-015-0074-9 . Zuletzt abgerufen am 29.04.2021.